Wer in den letzten Wochen die Medienlandschaft genau beobachtet hat, konnte sich eines Themas nicht entziehen. Ich spreche von der Angst, Wohlerworbenes und Wohlbekanntes ein für alle Mal zu verlieren.
Ausnahmsweise geht es nicht um das liebe Geld, sondern um etwas viel Grundsätzlicheres. Es geht um uns, unsere Vergangenheit, unsere Zukunft und unsere Identität.
„Woher kommen wir? Weshalb sind wir? Wohin gehen wir?“
sind die drei zentralen Fragen unserer Existenz, und das schon seit langer Zeit. Wir sind mit Recht stolz auf unsere Vergangenheit, nun ja nicht alles, aber sie hat uns geformt und uns eine Zukunft ermöglicht. Umso mehr kommt Angst auf, wenn wir uns nun mit dem „fremden“ auseinandersetzen und es in unser Leben lassen müssen. Sei es die zunehmende Schar an Flüchtlingen, oder genereller die Frage der „Ausländer“, die mehr und mehr polarisiert.
Wir haben Angst, unsere Kultur aufgeben zu müssen, unsere wohlerworbenen Rechte zu verlieren, und damit etwas zu zerstören, was bisher Halt und Struktur in unserem Leben gegeben hat. Leider gibt es keine schnelle, einfache Lösung für die Herausforderungen, denen wir uns zu stellen haben. „Schnell und billig“ wird nichts schaffen, was Bestand haben wird. Nur die schlauesten Lösungen, durchdacht und durch Kompetenz untermauert, werden uns Schritt für Schritt in eine Zukunft führen, in der wir uns wohlfühlen.
Was für Staaten gilt, hat aber auch für Unternehmen seine absolute Gültigkeit. Firmen haben es in turbulenten Zeiten wie diesen nicht leicht, eine Kultur zu bewahren, die in der Vergangenheit für nachhaltiges wirtschaften verantwortlich war. Man muss sich ständig neue erfinden, und das ohne sich selbst zu verlieren. Das Internet hat die Schlagzahl weiter drastisch erhöht, denn es gilt, den Bedürfnissen der Kunden zu folgen, und ihnen möglichst 24/7 zur Verfügung zu stehen. Doch wie vermittelt man dem Kunden, den man immer weniger zu Gesicht bekommt, wer man ist, wofür man steht, und wohin man zukünftig, möglichst gemeinsam, gehen möchte?
Ich hoffe, Sie beginnen zu ahnen, wohin ich sie entführen möchte. Ja, ich versuche die Brücke zu bauen zwischen der immer stärker werdenden Angst der einzelnen Menschen vor dem Verlust ihrer eigenen Identität und der genau gleichen Angst der Unternehmen, die neuen Spielregeln nicht erkannt zu haben.
In beiden Fällen gibt es Szenarien, die sehr unerfreulich sind. Doch genau jetzt, am kritischen Punkt, wird ein Paradoxon klar sichtbar, etwas, was unserer Vernunft widerspricht, und doch offensichtlich an Momentum gewinnt.
Haben Sie sich schon einmal Zeit genommen, den digitalen Auftritt von Klein- und Mittelbetrieben zu analysieren? Wenn ja, was ist Ihnen aufgefallen? Zusammengefasst könnte man sagen, dass der olympische Gedanke „Dabei sein ist alles“ klar sichtbar ist.
„Eine „Homepage“ muss man haben, heutzutage. Ohne die geht es nicht.“
So oder ähnlich lässt sich größtenteils der Ausdruck der unternehmerischen Identität im Web umreißen. Was zählt, ist die Präsenz, und nicht die Vermittlung der Kultur, deren Aufbau und Pflege im wirklichen Leben wahrscheinlich viel Zeit und somit Geld gekostet haben.
„Do it yourself“ ist angesagt, denn der „digitale Heimwerker“ möchte sein neues Zuhause ja selbst einrichten. Internetseiten werden aus Baukastensystemen zusammengebaut und mit erfrischend authentischen Bildern versehen, und natürlich mit den passenden Texten untermauert. Eine solche Herangehensweise wäre ja vergleichsweise noch wegen ihrer Originalität zu bewundern, doch die wahre Gefahr lauert an einem anderen Ort.
Zwischendurch ein kleines Gedankenspiel: Wenn Sie zwischen zwei Optionen wählen könnten, wie würden Sie sich entscheiden?
Option 1: Die Umsetzung einer neuen digitalen Identität würde Sie 15.000 Euro kosten.
Option2: Eine neue „Homepage“ würde Sie 3.000 Euro kosten?
Bitte entscheiden Sie jetzt, für welche Option Sie sich natürlich sofort entscheiden würden, wenn Sie über einen Internetauftritt nachdenken.
Sie haben erkannt, welche Gefahr Ihnen auflauert? Wirklich?
Die gefährlichste aller Gedanken, wenn es um Ihren Auftritt im Web geht, ist, professionell „sein zu wollen“. Also muss ein Profi her. Ein Profi ist doch in unser aller Verständnis jemand, der etwas wirklich gut beherrscht und auch davon lebt. Also bedienen wir uns doch eines Profis, um unser kleines Projekt auf die Straße zu bringen. Schnell findet sich in der virtuellen Welt jemand, der seine Dienste anbietet. Schnell sind die Preise verglichen, und noch schneller findet man sich in einer neuen bunten Welt, einer Welt mit Startseite, Impressum, Blog und Kontaktformular. Spannende Sache! Und die 3.000 Eur sind doch wirklich verschmerzbar, oder?
Michael Moore hat in einem seiner Filme bewiesen, dass man mit Fastfood eine Zeit überleben kann, und Sie können sich vorstellen, auf welchem Wort die Betonung liegt. Wir alle wissen jedoch, wie schädlich diese Art der Ernährung langfristig ist. Niemand würde ernsthaft auf die Idee kommen, sein restliches Leben ausschließlich in „Burgerbuden“ zu verbringen, oder? Und vor allem, niemand könnte das seinem Körper antun, ohne mit den drastischen Konsequenzen leben zu müssen. Niemand.
Fakt ist jedoch, dass die Fastfood Industrie „in good shape“ ist, und dass schlechte digitale Strategien an jeder Ecke des Webs zu finden sind. Erst wenn die Konsequenzen aus dieser Art der „Lebensführung“ zum finalen Angriff starten, wenn es zu spät ist für einen Richtungswechsel, wird die Erkenntnis Einzug halten. Dann werden manche von uns erkennen, dass „schnell und billig“ letztendlich „teuer und tödlich“ ist.
Die digitale Identität von Morgen
Eine digitale Identität, die den Geist der heutigen Zeit atmet, bedeutet harte Arbeit. Sie erfordert Zeit und vor allem ein professionelles Umfeld, in dem sie wachsen und gedeihen kann. Sie erfordert Teamarbeit in qualitativer und quantitativer Hinsicht. Mit einem Wort: Sie erfordert echtes finanzielles und ideelles Investment.
In 10 Jahren wird es für Klein-und Mittelbetriebe kein Thema mehr sein, substanziell in die digitale Identität zu investieren, und zwar aus einem einzigen Grund. Weil sie erkannt haben, dass der Respekt gegenüber den Spielregeln des Web genau so wichtig ist, wie der Respekt gegenüber den Maschinen und Menschen im Unternehmen.
Was habe ich also aus meinen Analysen gelernt?
Wir sind erst am Anfang des Verstehens, wenn es um die Möglichkeiten der spannenden Welt des Web geht. Wir werden ständig verleitet, uns mit Fastfood zu umgeben, uns also „schnell und billig“ zu ernähren.
Wir sollten uns wirklich mehr Gedanken machen, welche digitale Identität, welche Kultur wir unseren potenziellen Kunden und Fans präsentieren möchten. Wir sollten mehr über uns und unsere Prozesse nachdenken. Wir sollten keine Angst vor der Technik haben, sondern aktiv auf sie zugehen. Wir sollten im Web gefunden werden, und zwar von jenen Menschen, für die wir Hilfestellung geben möchten. „Professionell sein“ zu wollen ist nicht nur grammatikalisch gefährlich. Professionell zu sein hingegen bedeutet, umfassend und langfristig zu denken, und sich dementsprechend auch mit den richtigen Leuten zu umgeben.
Zusammengefasst bin ich zur Überzeugung gelangt, dass eine durchdachte digitale Identität eine Notwendigkeit darstellt, wenn man heutzutage Geld verdienen möchte. Sie ist zwar nicht so günstig wie Fastfood, im Gegenteil, aber sie wird sich zeitnah durch mehr Umsatz und Ertrag erkenntlich zeigen.
Können Sie also jetzt Ihre 3 existenziellen Fragen beantworten? Sind Sie soweit?
Sie wissen, woher Sie kommen und Sie wissen weshalb Sie sind. Das ist ein guter Anfang. Ich hoffe, dass Sie durch meine Gedanken auch darüber nachdenken werden, wohin Sie gehen möchten.